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Ein paar Ausschnitte aus der Geschichte des Tragschraubers

Der Tragschrauber ist keineswegs eine neue Erfindung, sondern war bislang eine mehr oder weniger vergessene Etappe der Drehflüglerentwicklung auf dem Weg hin zum Hubschrauber. Um den Preis der Möglichkeit, schweben zu sowie senkrecht starten und landen zu können *), wurden jedoch wesentliche Vorteile des Gyrocopters geopfert: Der Hubschrauber ist technisch sehr aufwändig und hat entsprechend hohe Kosten für Anschaffung sowie Wartung. Während Rotor und Kopf eines Helis neben der Antriebsübertragung die kollektive und die zyklische Blattverstellung bewerkstelligen müssen, dreht beim Tragschrauber der Rotor völlig frei und muss nur um 2 Achsen schwenkbar gelagert sein, damit man ihn steuern kann. Die Mechanik des Tragschraubers ist also verhältnismäßig einfach, zudem ist er weit einfacher zu steuern. So wundert es nicht, dass er als Sportgerät wieder entdeckt wurde.

Hier soll ein kurzer Überblick über ein paar Stationen der Entwicklung des Tragschraubers gegeben werden, ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Juan de la Cierva y Cordonia gilt gemeinhin als der Erfinder des "Autogiro" bzw. Tragschraubers. Anlass war der Landeunfall eines Bombers, den er konstruiert hatte, wegen Überziehens im Jahr 1919. Er suchte nach einer Lösung für ein Fluggerät, das auch langsam fliegen kann, ohne zu stallen, mit dem Gedanken, dass die Tragflügel auch bei geringer Vorwärtsfahrt des Flugapparats genügend angeströmt sein müssten. Das Hubschrauberprinzip schien ihm dazu nicht geeignet, da dort im Falle eines Motorschadens der Crash droht - zumindest stellte sich das in dieser Zeit so dar. Das Resultat war der Autogiro: mit einem Rotor, der von unten her durchströmt wird, zeigte sich, dass Auftrieb erzeugt werden kann, ohne dass er angetrieben wird. 

Die ersten drei Gyros, C.1, C.2 und C.3 schlugen fehl. Sie waren mit starren Rotoren ausgerüstet. Erst mit einem Rotor, der Schlagbewegungen ausführen konnte (s. Technik) gelang mit dem C.4 ein flugfähiges Gerät. Es folgten viele weitere Typen. 1928 überquerte er mit einem C.8L Mk.II das erste mal mit einem Drehflügler den Ärmelkanal.

De la Ciervas Autogiros wurden in mehreren Hundert Exemplaren u.a. in England, Deutschland, USA, Japan gebaut. Mit dem C.19 kam der erste Gyro mit einer Vorrotiereinrichtung, die durch Kupplung des Motors auf den Rotor funktionierte. 1933 wurde an einem C.30 der erste Sprungstart erprobt, der durch eine kollektive Blattverstellung möglich wurde.

Juan de la Cierva starb ironischerweise am 9.12.1936 in einem Verkehrsflugzeug, als es wegen Überziehens abstürzte.

In Deutschland wurde Focke Wulf Lizenznehmer der Cierva Autogiro Ltd. Der erste Nachbau war der eines C.19. Auch der C.30 wurde nachgebaut. zum Quellennachweis für die Bilder (alle Bilder durch anklicken zu vergrößern)

    

Ein interessantes Gerät ist der Flettner Flugschrauber FL 185, der 1938 erstmals flog. Er ist weder Tragschrauber noch Hubschrauber, da der Rotor angetrieben war, aber der Vortrieb auch durch die Propeller erzeugt wurde, die ansonsten das Rotordrehmoment ausglichen.

   

Der FL 185 wurde am Ende durch den Fw 61(Erstflug 1936) verdrängt, den weltweit ersten richtig flugfähigen Hubschrauber, Flettner baute in dieser Zeit bereits den FL 265, der erstmals 2 gegenläufige, ineinander kämmende Rotoren besaß.

Ein für heutige UL-Gyro-Piloten interessantes Projekt war die Focke Achgelis Fa 330 "Bachstelze", ein kleiner, leichter Schlepp-Tragschrauber mit 3-Blatt-Rotor und Kopfkippsteuerung, der quasi faltbar war (abrüsten und verpacken in 7 Minuten) und in einem Torpedorohr untergebracht wurde. Er diente als Beobachtungsposten für U-Boote, von denen aus er im Schlepp startete. Das Schleppseil konnte bis 300m ausgelassen werden. Die Flugerprobung erfolgte zum großen Teil im Windkanal. Dieser Gyro flog hervorragend.

Der Flug mit der Bachstelze soll wenig beliebt gewesen sein. Kam es zu plötzlichem Feindkontakt, musste ggf. das Schleppseil gekappt werden, da das Boot abtauchen musste. Der Rotor wurde dann komplett abgeworfen, das Restgerät "landete" samt Pilot am Rettungsschirm.

       

           

Ein Bild der Bachstelze aus dem Museum in Duxford, Quelle: Wolfgang Brockmeyer, Newton Equipment DE  Ein Bild der Bachstelze aus dem Museum in Duxford, Quelle: Wolfgang Brockmeyer, Newton Equipment DE

Ganz speziell ist das Konzept des Verbundhubschraubers Fairey Rotodyne: Für Start und Landung wurde der Rotor durch Schubdüsen (Reaktionsprinzip) angetrieben. Dadurch konnte im Hubschrauberflug senkrecht gestartet und gelandet werden. Kurz nach dem Start wurde bei Erreichen bestimmter Fluggeschwindigkeiten, angetrieben durch Zugpropeller, der Reaktionsantrieb abgeschaltet und der Rotor leicht nach hinten geneigt. Der Auftrieb wurde nun durch die Tragflächen sowie durch den autorotierenden Rotor erzeugt. So waren Geschwindigkeiten von 307 km/h erreichbar.

Auch aktuell gibt es noch Tragschrauberanwendungen jenseits der UL-Fliegerei, siehe z.B. http://www.cartercopters.com.

V.a. mit den Bensen Gyrocoptern der 70er Jahre begann in den USA wieder ein Aufschwung des Gyrocopters im Bereich der ultraleichten Fliegerei.

Mit Firmen wie Magni kommen wir dann so langsam in der Neuzeit an.

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Alle S/W-Bilder dieser Seite mit freundlicher Genehmigung des Bernard & Graefe Verlags Bonn, aus:

Kyrill von Gersdorf, Kurt Knobling [1985]: Hubschrauber und Tragschrauber. Entwicklungsgeschichte der deutschen Drehflügler von den Anfängen bis zu den internationalen Gemeinschaftsentwicklungen. Bernard & Graefe Verlag Koblenz, 2. ergänzte Auflage 1985, ISBN 3-7637-5273-0

*) Tragschrauber mit kollektiver Blattverstellung (sprungstartfähige) können ebenfalls senkrecht starten und bedingt landen, sind jedoch technisch aufwändiger und in Deutschland leider bei UL-Tragschraubern unzulässig)